Joubert Syndrom

Symptome

Das Joubert Syndrom (JS) ist gekennzeichnet durch die Symptome einer allgemeinen Schlaffheit der Muskulatur (muskuläre Hypotonie), einer Entwicklungsverzögerung, die sich im Verlauf nicht selten als geistige Beeinträchtigung (mentale Retardierung) präsentiert, einer Bewegungsstörung v.a. des Rumpfes (Ataxie), einer Störung der Augenbewegungen speziell bei schnellen Blickfolgen (okulomotorische Apraxie) sowie Bewegungsstörungen der Zunge (Dyskinesien der Zunge und im Mundbereich). Leitsymptom im Neugeborenenalter ist eine Störung der Atemregulation mit Phasen einer verminderten (Brady- oder Apnoe) oder beschleunigten Atmung (Tachypnoe).

Neben diesen Kernsymptomen finden sich bei einem Teil der Kinder weitere assoziierte Symptome im Bereich der Augen (Kolobome, Ptose), der Netzhaut (retinale Pigmentierung), der Leber (Fibrosen), der Nieren (Nephronophthise, zystische Nierenveränderungen) und des Skelettsystems (zusätzliche Finger oder Zehen, sogenannte Polydaktylie oder Skoliose). Ein Teil der Kinder weist ein typisches Aussehen auf mit grossem Kopf, prominenter Stirn, runden Augenbrauen, epikanthischer Augenfalte, einer dreieckigen Mundform und eher tiefsitzenden, gedrehten Ohrmuscheln. Gelegentlich leiden die Kinder an epileptischen Anfällen.

Ein charakteristisches Merkmal der Patientinnen und Patienten mit JS ist die typische Veränderung des Kleinhirns mit Fehlen oder deutlicher Reduktion des Kleinhirnwurms (cerebelläre A- oder Hypoplasie) und der Verbindung von Kleinhirn zum Hirnstamm. In der modernen radiologischen Bildgebung (mittels MRI) ergibt sich daraus ein charakteristisches - oft diagnostisches - Bild, die 'molar tooth malformation'.

Ursache

Das JS ist genetisch bedingt und wird autosomal-rezessiv vererbt, d.h. beide Eltern sind Träger der Erkrankung, ohne selbst erkrankt zu sein. Das sich daraus ergebende Wiederholungsrisiko liegt bei 25%.

Inzwischen sind drei Lokalisationen identifiziert, wo sich genetische Veränderungen finden: Chromosom 9 (Abschnitt q34.3), Chromosom 6 (Abschnitt q23) und Chromosom 11 (Abschnitt p12-q13.3).

Das JS ist damit genetisch heterogen, d.h. unterschiedliche genetische Veränderungen können zum JS führen. Es gibt einige Kinder mit JS, bei denen sich keine Veränderungen auf den genannten Genloci nachweisen lassen, so dass vermutlich noch mehrere Gene eine Rolle spielen dürften. V.a. die Veränderung auf dem Chromosom 11 ist mit einer Beteiligung anderer Organe, z.B. Niere und Augen assoziiert.

Diese genetischen Veränderungen führen sehr früh in der Embryonalphase zu einer Reifungsstörung des Kleinhirnwurms, seiner Verbindung zum Hirnstamm und den Hirnstammstrukturen. Welche Eiweisse dabei eine Rolle spielen ist noch nicht abschliessend geklärt, diskutiert wird eine Störung des Eiweisses Jouberin.

Diagnose

Die Diagnostik erfolgt anhand der typischen klinischen Merkmale und der kernspintomographischen Befunde.

Prognostisch werden drei Verläufe unterscheiden: Ein Teil der Kinder verstirbt früh, ein zweiter Teil der Kinder überlebt, weist aber eine deutliche Entwicklungsstörung auf, und ein dritter Teil der Kinder zeigt eine mässige Entwicklungsstörung. Eine Entwicklung im grenzwertig normalen Bereich ist möglich, findet sich aber selten.

Therapie

Die Therapie ist symptomatisch und umfasst Physio-, Ergo- und Sprachtherapie. Bei nächtlichen Atemstillständen im Säuglingsalter ist eine Überwachung (Monitoring) indiziert.

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